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Neues Antlitz der Zither in der Tschechischen Republik

 

       Fast das ganze zwanzigste Jahrhundert und gewiss die letzten fünfzig Jahre lebt bei uns die Zither nicht am Rande der Musikwelt, sondern direkt in ihrer Illegalität. Vergessen, verkannt und belächelt, so empfinden es die letzten Begeisterten, die auf ihr daheim spielten. Ihr Repertoire widerspiegelt die Zeit, in der die Zither ihren Höhepunkt erreichte, Ende des 19. Jahrhunderts. Soweit irgendwelche Zusammenkünfte oder Auftritte stattfinden, bildet das Publikum überwiegend wieder nur die übriggebliebenen Zitherspieler. Treffend äußerte dies ein Zuhörer als er nach dem Besuch eines Zitherspielerauftritts sagte, dass er noch am nächsten Tag Naphthalin spürte.

       Seit dem 17.9.2004 ist dem ein Ende gesetzt. An diesem Tag wurde in Prag eine „Prague Zither Session“ (im Rahmen des World music festival „Colors of Prague“) durchgeführt. An dem Tag trat die Zither definitiv aus ihrer Illegalität und erklang so wie jedes Musikinstrument, mit dem Musiker ihr künstlerisches Empfinden versuchen auszudrücken.

       Sie tat dies, ob nun schon in der Hand des deutschen Virtuosen Christoph Schwarz oder des, aus der Tschechischen Republik stammenden, Michal Müller, und besonders des österreichischen Phänomens Harald Oberlechner. Der Schlussauftritt des Psaltertrios (H. Oberlechner, E.Giuliani, B.Eichner) und des tschechischen Trios „Njorek“ (Jaroslav „Olin“ Nejezchleba, Michal Müller, Stanislav Barek) war sehr hinreißend und für meine Behauptung absolut überzeugend. Das unterschiedliche Publikum empfing alle Interpreten sehr spontan. Die Organisatoren verbanden das Abendkonzert im Prager Klub ABATON (Libeò ) mit einem zweitägigen Zitherseminar, an dem außer den drei Lektoren auch vier Inlands- und vier Auslandsteilnehmer teilnahmen. Das Fachniveau, wie auch die organisatorische Absicherung war sehr zufriedenstellend.

       Die größten Verdienste, um die Wiedergeburt der Zither in der Tschechischen Republik und ihre Eingliederung in die gegenwärtigen modernen Musikströmungen, sind vor allem dem jungen Musiker Michal Müller zuzuschreiben , der vor kurzem das Konservatorium in Wien absolvierte (Fachrichtung Zither bei Frau Prof. Laister). Seine bluesrock Entladungen nahmen seine gegenwärtigen Kollegen wahr und brachten so den gemeinsamen Genre „Etno“ in der Besetzung: Gitarre, Zither, Cello und Gesang. Derjenige, der dies alles mitbekommen hat und die Tür öffnete, war Jiøí Smrèek, der Agenturleiter des Festivals Colours of Prague, auf dessen Anstrebung dieses Treffen zu Stande kam.

     Ich gestatte mir zu prophezeien, dass seit diesem Datum eine neue Geschichte der Zither geschrieben wird, die von der Vergangenheit und allen unseligen politischen und sozialen Zusammenhängen, die ihr durch das ganze zwanzigste Jahrhundert bei uns zugefügt wurde, befreit ist. Es genügte dazu eine Tatsache, durch ihre Musik die Zuhörer so mitzureißen und zu interessieren, dass das Publikum nicht der Zither, sondern der Musik wegen kommt. Michal und allen anderen ist dies hervorragend gelungen.

      

In Ostrava (Mährisch Ostrau), dem 20.9. 2004

Jan Folprecht